Die Zahlen zeigten dennoch, dass die Branche noch immer unter dem Fahrgastaufkommen aus dem Rekordjahr 2019 liege, als mehr als 10,4 Milliarden Fahrgäste in Bussen und Bahnen unterwegs gewesen seien. Außerdem sei die wirtschaftliche Lage der Verkehrsunternehmen und Verbünde trotz des Kundenzuwachses weiterhin extrem angespannt. Grund dafür sei u.a., dass das Deutschland-Ticket zu sinkenden Fahrgeldeinnahmen geführt habe, die auf deutlich gestiegene Personalkosten träfen.

VDV-Präsident Ingo Wortmann wertet es trotzdem als gute Nachricht, dass wieder mehr Menschen den ÖPNV nutzen und sich damit eine Erholung am Fahrgastmarkt fortsetze. Auch diese sei in erster Linie dem Deutschland-Ticket zu verdanken, die „erhebliche Schattenseite“ hin oder her. Die preisliche Attraktivität des D-Ticktes veranlasse die Kunden, immer seltener andere Ticketangebote wahrzunehmen. Die Einnahmen in diesen Segmenten seien im Vergleich zu 2023 um 3,2 Milliarden Euro zurückgegangen. „Hinzu kommen die mit rund elf Prozent im letzten Jahr deutlich gestiegenen Personalkosten“, so Wortmann. „Dies sowie die angespannte Haushaltslage in den Kommunen führt insgesamt dazu, dass sich die wirtschaftliche Lage des deutschen ÖPNV immer weiter zuspitzt.“ Erhebliche Einsparungen und drohende Abbestellungen von Verkehren gehörten inzwischen zum Alltagsgeschäft in den Unternehmen. „Wir müssen hier gemeinsam mit der Politik dringend und nachhaltig gegensteuern. Das attraktivste Ticket nutzt uns und den Fahrgästen nichts, wenn am Ende weniger Busse und Bahnen fahren, weil wir das Angebot nicht mehr finanzieren können.“

 

Verteuerung des D-Tickets führte nicht zu Kündigungen

Aktuell besitzen ca. 13,5 Millionen ÖPNV-Kunden ein Deutschland-Ticket. Das meistgekaufte Produkt sei dabei „mit großem Abstand“ die Standardversion des Tickets. Das rabattierte Jobticket stagniere hingegen nach wie vor bei einem Anteil von rund 20 Prozent an allen verkauften Deutschland-Tickets. „Das Branchenziel waren 15 Millionen Deutschland-Tickets zum Ende des Jahres 2024“, erinnert Wortmann. „Dieses Ziel haben wir um zehn Prozent bzw. 1,5 Millionen Tickets verpasst.“ Der entscheidende Grund dafür sei, dass viele Unternehmen und Organisationen noch immer zögerten, in das für ihre Mitarbeitenden preislich attraktive Deutschland-Ticket Job zu wechseln. Das sei nachvollziehbar, da der Fortbestand des D-Ticket ab 2026 „gänzlich unklar“ sei – schlicht und ergreifend, weil es keine langfristige Finanzierungszusage des Bundes gebe. „Für viele unserer Unternehmenskunden ist die fehlende Perspektive ab 2026 der Hinderungsgrund, um jetzt mit entsprechendem organisatorischen Aufwand zum Deutschland-Ticket Job zu wechseln.“ Die fehlende verbindliche Zusage des Bundes zu einer langfristigen Finanzierung bremse an dieser Stelle den weiteren Zuwachs beim Deutschland-Ticket, so Wortmann.

Immerhin habe die Preiserhöhung von 49 auf 58 Euro nur geringe Auswirkungen auf die Kaufbereitschaft bezüglich des Deutschland-Tickets gehabt. Die Kündigungsquote lag im Januar 2025 bei 8,1 Prozent, während 2024 die monatliche Kündigungsquote bei rund sieben Prozent gelegen habe. „Wir sehen definitiv keine Kündigungswelle durch die Preiserhöhung“, lobt Wortmann. Ein Preisanstieg um fast 20 Prozent führe zwar dazu, dass Kunden auch deswegen das Deutschland-Ticket kündigen. Der Jahreswechsel sei aber schon immer ein Zeitpunkt gewesen, an dem Kunden ihre Verträge danach prüften, wo sie gegebenenfalls etwas sparen können. Deshalb seien in dieser Zeit die Rückgänge bei allen ÖPNV-Abos etwas höher als im restlichen Jahr.

 

Ausgleichsbedarf steigt

Der von Bund und Ländern zu zahlende Ausgleich für die seit Einführung des D-Tickets entgangenen Einnahmen der Branche sei im Jahr 2024 deutlich gestiegen, so Wortmann. Nach Berechnungen des VDV müssen für das vergangene Jahr mindestens 3,45 Milliarden Euro an entgangenen Einnahmen durch Bund und Länder ausgeglichen werden. Das sei nur möglich, weil noch Restmittel aus dem 2023 für die Jahre 2024 und 2025 eingesetzt werden könnten. Ursprünglich hätten Bund und Länder einen maximalen Ausgleichsbetrag von jährlich drei Milliarden Euro festgelegt, der je zur Hälfte gezahlt werde. Da das Deutschland-Ticket im Jahr 2023 erst im Mai eingeführt wurde, blieb am Jahresende rund eine Milliarde Euro an Restmitteln übrig. Etwa die Hälfte davon fließe nun, zusätzlich zu den drei Milliarden, in den Ausgleich für das Jahr 2024.

„Im ersten vollständigen Jahr des Deutschland-Tickets bestätigt sich das, was wir als Branche von Beginn an prognostiziert haben“, so Wortmann. „Die von Bund und Ländern jährlich zur Verfügung gestellten drei Milliarden Euro werden dauerhaft nicht ausreichen, um den Verlust der Branche auszugleichen.“ Dabei dürfe man aber auch den Ticketpreis nicht weiter überproportional erhöhen, da sonst zu viele Kunden vom Angebot abspringen würden. Für eine langfristige Finanzierung des Deutschland-Tickets brauche es verbindlich zugesagte Mittel von Bund und Ländern in ausreichender Höhe und inklusive einer jährlichen Dynamisierung, damit das Ticket für die Fahrgäste preislich attraktiv bleiben könne. Wortmann verweist in diesem Zusammenhang auf die Notwendigkeit einer „transparenten und maßvollen Entwicklung des Ticketpreises, zum Beispiel gekoppelt an einen Preisindex, der sich an der realen Kostensituation unserer Branche orientiert“.