Die Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) im ländlichen Raum ist laut dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) eine der drängendsten Aufgaben der nächsten Bundesregierung. Die Frage der öffentlichen Mobilität im ländlichen Raum müsse endlich mit klaren Zielen und Mitteln beantwortet werden, um die regionale Wirtschaft zu stärken und dem Verfassungsziel der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse näherzukommen, erklärte VDV-Präsident Ingo Wortmann anlässlich der Vorstellung des neuen Positionspapiers "Zukunftsfähige Mobilität im ländlichen Raum".

 

Herausforderungen im ländlichen Raum

Während in Städten überlastete Verkehrswege dominierten, fehle in ländlichen Regionen oft ein angemessenes ÖPNV-Angebot. Laut Wortmann betreffe dies fast die Hälfte der deutschen Bevölkerung. Die Folge: Familien griffen häufig auf Zweit- und Drittautos zurück, während wirtschaftlich Schwächere deutlich eingeschränkt seien. Diese unzureichende Daseinsvorsorge führe zur Abwanderung aus dem ländlichen Raum und schädige die demokratische Kultur, warnte Wortmann.

 

Sechs Schritte zu einem besseren ÖPNV

Das Positionspapier benennt konkrete Maßnahmen, um den ÖPNV im ländlichen Raum zu verbessern:

 

  • Stärkung der ÖPNV-Kultur: Raumplanung und ÖPNV müssten von Anfang an zusammen gedacht werden, aktive Kooperationen mit zivilgesellschaftlichen Akteuren sollen die Nutzung des ÖPNV fördern. Gleichzeitig müsse die Einbindung von Entscheidungsträgern wie Landrätinnen oder Abgeordneten durch gezielte Aktionen das Bewusstsein für die Bedeutung des ÖPNV stärken.
  • Leistungsangebot: Ein flächendeckender 60-Minuten-Takt kombiniert mit On-Demand-Angeboten soll zur Norm werden. Die Fahrzeit im ÖPNV dürfe nicht länger als das 1,5-fache einer Autofahrt betragen. Ergänzend dazu solle ein integrierter Fahrplan mit Takt- und Anschlusszeiten für bedarfsorientierte Mobilität sorgen.
  • Digitalisierung: Der lückenlose Ausbau von schnellem Internet und WLAN müsse gewährleistet werden, um digitale Echtzeit-Informationen zu ermöglichen und den ländlichen ÖPNV attraktiver zu gestalten. Darüber hinaus müssen Verwaltungsprozesse digitalisiert werden, um Förderanträge und Planungsabläufe effizienter zu gestalten.
  • Infrastruktur und Flottenmodernisierung: Die Antriebswende erfordere langfristige Fördermittel zur Umstellung der Flotten, während gleichzeitig Bürokratieabbau bei Förderprozessen die Modernisierung beschleunigen müsse. Die Anpassung und der Ausbau der Ladeinfrastruktur seien essenziell, um die klimapolitischen Ziele zu erreichen.
  • Finanzierung und Tarife: Eine langfristige und verlässliche Finanzierung des Deutschland-Tickets sowie zusätzliche Mittel für den Ausbau des ländlichen ÖPNV-Angebots seien unabdingbar. Gleichzeitig brauche es eine faire Einnahmeverteilung, die den besonderen Herausforderungen ländlicher Regionen Rechnung trügen.
  • Personal und Bildung: Die Busführerscheinreform müsse die Anforderungen des ÖPNV berücksichtigen. Die Digitalisierung der Berufsausbildung solle Auszubildende entlasten und die Personalgewinnung stärken. Zugleich müsse die Integration von ausländischen Fachkräften durch schnellere Anerkennungsverfahren und Unterstützungsmaßnahmen erleichtert werden.

 

Langfristige Perspektive notwendig

Wortmann betonte, dass langfristige Fördermittel für emissionsfreie Busse und eine Ausweitung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes entscheidend seien. Die Finanzierung des Deutschland-Tickets müsse dauerhaft gesichert werden, um den Menschen Planungssicherheit zu geben – insbesondere für die 20 Prozent der Nutzenden, die im ländlichen Raum leben.