Der Landkreis Ravensburg hat den Zuschlag für Fördermittel aus dem Programm „Beratungsgutschein für Qualitätswettbewerbe im ÖPNV“ erhalten. Folgt er nun dem Vorarlberger Modell, werden bei Vergaben Qualitätskriterien mit mindestens 30 Prozent gewichtet. Die privaten Busunternehmer der Regionalverkehr Bodensee-Oberschwaben GmbH (RBO) gestalten für ihre Gesellschafter, Kollegen und Verkehrsverbünde den Rahmen dafür. Die Leistungen sollen in 14 Linienbündel vergeben werden, so dass diese für möglichst viele Unternehmen attraktiv seien. Die Unternehmen sollen zudem angeregt werden, Kooperationen zu bilden.
Welche Qualitätskriterien den ÖPNV attraktiver machen und welche Kontrollmechanismen es geben soll, erarbeiteten die knapp 30 RBO-Tagungsteilnehmer mit einer Rechtsanwältin. Aus der Sicht der Busunternehmer seien als Qualitätsparameter vor allem Verlässlichkeit, Flexibilität und hohe Verfügbarkeit wichtig, hieß es von RBO-Seite. Zu teils heftigen Diskussionen kam es dennoch.
„Leistungen aus der Vergangenheit zählen nicht“
„Wir kümmern uns und tun sehr viel, um jeden Tag aufs Neue einen verlässlichen Verkehr abzuliefern“, so RBO-Geschäftsführer Bernd Grabherr. Laut Rechtsanwältin zählten Zusicherungen jedoch nicht. Leistungen aus der Vergangenheit „könnten“ nicht in eine Qualitätswertung einfließen. Vielmehr müssten in einer Qualitätswertung konkrete Maßnahmen beschrieben werden, die auch messbar seien. Allerdings bestätigte die Rechtsanwältin, dass bei reinen Preisausschreibungen Vertragsstrafen bereits eingepreist seien. Einig waren sich die Busunternehmer, dass es Prüfverfahren braucht, die bereits vor der Vergabe angewendet werden und nicht erst im Nachgang über Vertragsstrafen. Die Antwort der Anwältin lautete: „Vertragsstrafen sind auf fünf Prozent des Jahresumsatzes begrenzt, und oft günstiger als den Vertrag einzuhalten.“
„Wenn unsere Strukturen zerschlagen sind, können sie nicht mehr aufgebaut werden“, brachte Johannes Groß von Omnibus Groß in Rottenburg die Ängste der mittelständischen Unternehmer – und Arbeitgeber – vor Ort auf den Punkt. Bei den meisten privaten Busunternehmen handele es sich um Familienbetriebe, die bereits seit Jahrzehnten den Linienverkehr übernehmen und bei denen die nächste Generation bereit sei, sich mit ihrem innovativen Know-how einzubringen. „Der Standard in unserem Verkehrsverbund ist hoch“, beteuerte Bernd Hasenfratz, Geschäftsführer des bodo-Verkehrsverbundes. „Das stellt hohe Ansprüche für neue Anbieter.“
Mit Fördermitteln Markt beeinflussen
Wie gut es zwischen Busunternehmer und Aufgabenträger laufen könne, beschrieb Paul Kienberger, Geschäftsführer der Firma Egenberger in Thierhaupten. Allen Widrigkeiten wie Preissteigerungen und verzögerter Fahrzeugauslieferung zum Trotz habe das Unternehmen dank Fördergeldern des Bundes und mit Unterstützung des Landkreises Augsburg im März 2024 mit 14 vollelektrischen Bussen im Linienverkehr starten können.
Welche Bedeutung eine Marke – sowohl für Kunden als auch für potenzielle Arbeitnehmer – habe, veranschaulichte Prof. Dr. Benjamin von Walter, Leiter des Kompetenzzentrums Marketing der Ostschweizer Fachhochschule, in seinem Referat. Wenn sich die Mitarbeiter eines Unternehmens mit einer Marke identifizierten, seien sie wichtige Markenbotschafter. Daraus resultiere eine „emotionale Schubkraft“, die Unternehmen für sich nutzen sollten.