„Wir haben einzigartige Erlebnisse zu bieten, die sich unter anderem mit zentralen Zukunftsthemen wie Meeres- und Klimaforschung sowie der Ein- und Auswanderung von Menschen befassen“, so Michael Gerber, Geschäftsführer der Erlebnis Bremerhaven GmbH im Rahmen seiner Key-Note. Mit dem Bus zu verreisen sei zudem wirtschaftlich und umweltfreundlich. Das passe zum Konzept, im Städtetourismus auf Nachhaltigkeit zu setzten.
Bremerhaven - die größte Stadt an der deutschen Nordseeküste Fotos: Bus Blickpunkt
Tagungsthema: „Mit der Gruppe im Bus verreisen – warum nicht?“
Die Klima- und Umweltfreundlichkeit des Busses sei mittlerweile eines der wichtigsten Gründe dafür, dass sich zunehmend wieder mehr Menschen für eine Busreise entscheiden, zeigte Dieter Gauf, Begründer und Veranstalter des alljährlichen Branchen-Forums als eine von zehn Thesen bei seiner Einführungsrede auf. Auch Argumente wie das Reisen in einer sicheren Gemeinschaft, die Bequemlichkeit rundum versorgt zu sein, Land und Leute ohne eigenen Aufwand entdecken zu können sowie der Komfort eines sicheren Reisemittels, motivierten häufig zur Buchung.
Im Vergleich zum Vorjahr habe der Reisebus nach Angaben der Reiseanalyse 2024 der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR), seinen Anteil an der Urlaubsreise ab fünf Übernachtungen um 0,8 Punkte auf fünf Prozent erhöhen können und damit die Bahn abgehängt, die 0,8 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr, auf 4,7 Prozent bei der Urlaubsreise einbüßte. Weiterhin zählen jedoch gut die Hälfte der Busreisenden mit über 70 Jahren und dem nächst größeren Anteil von 17 Prozent in der Altersklasse 60 bis 69 Jahren, eindeutig zur Gruppe der Senioren.
Das weitere Potenzial für die Busreise ist gemäß der Reiseanalyse 2024 jedoch generell als hoch einzustufen. Konkretes Interesse daran, in den kommenden drei Jahren an einer Busreise teilzunehmen, hätten demnach 14,4 Prozent der Befragten, was einer Anzahl von 7,8 Millionen potenziellen Reisengästen entspricht. 30 Prozent (gut 16 Millionen), seien sogenannte „bedingte Ablehner“ der Busreise, die unter entsprechenden Voraussetzungen wie zum Beispiel kleinen Reisegruppen oder Individualisierungs-Optionen im Programm, zu gewinnen sein könnten. Die Perspektive, schlummernde Potenziale heben zu können, seien also gut.
Welche guten Gründe es weiterhin sind, die aus der Praxis gesehen dafür sprechen mit der Gruppe im Bus zu verreisen oder was gegebenenfalls manch einen daran hindert, sich dieser umweltfreundlichen und sicheren Reiseform zu öffnen, zeigten sowohl Tourismusexpertinnen und –experten unterschiedlicher Bereiche, wie auch eine phasenweise kontroverse Diskussion auf.
Aus der Praxis: Experten-Statements
Den Reigen eröffnete Busreiseveranstalter René Lang aus Schwarzenberg im Erzgebirge, der gemeinsam mit seinem Bruder vor gut 20 Jahren den elterlichen Betrieb nach einer Hochwasser-Katastrophe übernahm und sukzessive zum heute erfolgreichen Bus- und Gruppenreiseveranstalter Lang-Reisen GmbH neu ausrichtete.
„Exponentielles Wachstum kannten wir auch schon vor der Pandemie“, so René Lang mit einem Schmunzeln und auch stolz über die erfolgreiche Entwicklung und die kontinuierlich stark angewachsene Anzahl an Reisegästen pro Jahr. Vor allem seit 2010, dem Jahr, in dem die Brüder Lang die Einstellung des Linienverkehrs zugunsten der vollen Konzentration auf das Reisegeschäft vollzogen.
Doch der Start war ein wenig holprig. „Ich erinnere mich genau“, erzählt René Lang, „mein Bruder Rico und ich haben in 2004 mit 80 Kunden und zwei Reisezielen für je 40 Gäste begonnen. Diese Reiseziele haben wir übrigens auch heute noch genauso im Programm.“ Mit viel familiärem Engagement und klarer Ausrichtung auf Seniorenreisen 60 +, mit guter Qualität zu fairen Preisen und dem Mut auch Neues zu wagen, sei es stetig bergauf gegangen und die Zahl der Kunden auf stolze 27.000 bis 2024 angewachsen. Heute gehören zur Lang Reisen GmbH fünf eigene Reisebüros, zwölf Reisebusse und ca. 75 Mitarbeiter. Das umfangreiche Reiseprogramm, zu dem neben klassischen Busreisen auch Fluss- und Hochseekreuzfahrten sowie Flugreisen zählen, wird von ca. 250 Vertriebsagenturen vermarktet.
Doch nicht nur Fleiß und das Glück des Tüchtigen haben die Langs dorthin befördert, wo sie heute stehen. Die klaren Leitplanken des Unternehmens sieht Geschäftsführer René Lang ebenso als wesentliche Erfolgsparameter. Dazu zählen die eindeutige Zielgruppen- und Produktausrichtung, 60 +, keine Studienreisen und keine Billigangebote, regionale Verbundenheit und familiäre Außenwirkung, gute Preise und guter Service sowie umfangreiche Vertriebs- und Marketingmaßnehmen. Klares Ziel für 2025: Die Marke von 30.000 Reisegästen knacken!
Statements von Tourismus-Experten verschiedener Bereiche und Diskussion zum Tagungsthema
Deutscher Seniorentag vom 02. bis 04. April 2025 in Mannheim
Ursula Lenz, die auf eine langjährige Tätigkeit als Pressereferentin bei der Bagso, Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e.V., zurückblicken kann, hat mit 72 Jahren selbst das klassische Alter für die Busreisen-Klientel erreicht. Aus ihrer Erfahrung weiß sie, dass es bei Senioren nicht immer nur darum ginge, dass der Bus noch komfortabler und technisch perfekter würde. Die Menschen wüssten, dass es Grenzen des Machbaren gibt. Vor allem Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft stünden hoch im Kurs und könnten den ein oder anderen technischen Gap ausgleichen. Allerdings sei angeraten, sich immer wieder in die Situation älterer Menschen zu versetzen, um ihnen letztlich auch bei Reisen gerecht zu werden.
Akademisch betrachtet sei die Methodik der Zukunftswerkstatt interessant, um entsprechende Ideen zu entwickeln. Senior Scouts prüften dabei neue Dienstleitungen und Produkte auf ihre Alltagstauglichkeit. Viele technische Errungenschaften, die für Ältere entwickelt wurden, seien immer auch für Jüngere von Vorteil. Außerdem: „Lassen Sie Ihre Kunden die Reisen bewerten und fragen Sie Ihre Gäste nach ihrer Meinung, ihren Wünschen und Vorstellungen,“ so Ursula Lenz. Sie empfiehlt den Deutschen Seniorentag als Forum, um gegebenenfalls auch Reiseangebote zu präsentieren. 2025 findet die Veranstaltung Anfang April in Mannheim statt.
Busreise als positives Erlebnis abspeichern
Anders als vermutlich erwartet, schilderte Kristina Oehler, Geschäftsführerin vom mehrfach ausgezeichneten Veranstalter Ruf Jugendreisen mit Sitz in Dortmund, dass Kinder und Jugendliche an Busreisen ähnliche Erwartungen haben wie ältere Reisende. Sie möchten freundlich behandelt werden und legen ebenso Wert auf Sicherheit und Sauberkeit sowie darauf, dass Pausen an Raststätten stattfinden, an denen man sich Snacks kaufen kann oder ähnliches. „Gerade für Jugendliche stellen Busreisen in dieser Lebensphase den Einstieg in diese Reiseart dar“, so Oehler. An prägende Erlebnisse in der Jugendzeit, zu denen solche Reisen zählen, erinnerten sich Menschen häufig noch Jahrzehnte später. Es sei daher wichtig, welche Erfahrungen sie mit der Busreise machten, um diese Reiseform positiv zu erleben und abzuspeichern. Dann könnten aus Jugendlichen auch später Fans von Busreisen werden. Das Zurücklegen längerer Strecken sei eher nicht problematisch, solange das Entertainment stimmt. W-LAN sei unabdingbar, um Endgeräte umfänglich nutzen zu können.
Babyboomer sehen sich nicht als Senioren
Vor der selbstverständlichen Annahme, dass künftige Rentnergenerationen mit Eintritt in den Ruhestand mehr oder weniger automatisch im Reisebus landen, warnte die 35 Jahre junge Professorin und Leiterin des Studiengangs „International Tourism Management“ an der Hochschule Bremerhaven, Gina Wagener und goss ein wenig Wasser in den Wein.
Gemäß ihrer Dissertation zum Einfluss der Generationenzugehörigkeit auf das Reiseverhalten der Deutschen, sei es vielmehr so, dass die Babyboomer (Jahrgänge 1955 – 1965) sich bis jetzt nicht als Senioren betrachteten, die Busreise bei ihnen jedoch das Image der Seniorenreise habe. Die Babyboomer wie auch die nachfolgenden Generationen X und Y würden daher seltener den Bus für Reisen in Betracht ziehen. Der Wunsch dieser Jahrgänge nach individuellen und personalisierten Erlebnissen sei hoch. Sie bevorzugten flexible Reisepläne auf eigene Faust und seien zudem sehr Flugreise-affin. Neue Marketingmaßnahmen könnten dazu beitragen, die Busreise für diese potenzielle Klientel attraktiver zu machen.
Chancen für den Bus sieht Wagener generationsübergreifend durch die Reisepreisentwicklung und Verteuerung von Flugreisen sowie die zunehmende Relevanz von Nachhaltigkeit, umweltfreundlicherem Reisen und bewusstem Konsum. Letzterem stünde allerdings häufig die „attitute-behaviour-gap“ im Weg.
Jay Munro-Michel, Senior Market Manager von ETOA aus London
Schirmherren und Partner des „Tag der Bustouristik“ waren erneut der Europäische Tourismusverband ETOA sowie die Busworld als größte internationale Messe für die Stadt- und Reisebusbranche, deren Vertreter sich im ersten Teil der Veranstaltung mit grundlegenden Gedanken und Thesen zur Thematik einbrachten.
Trend - Themenreisen für Singles
So Jay Munro-Michel von ETOA aus London: „Ein Trend in den USA, der auch in UK angekommen ist, sind kleinere Reisegruppen für high-end Touren, um eine neue Generation von Gruppenreisenden zu erschließen. Dazu zählen vor allem auch Sport- und Themenreisen, die auf verschiedene Interessengruppen, ihre Hobbys und persönliche Vorlieben abzielen.“ In 2024 lebten 38,5 Millionen Amerikaner in Ein-Personen-Haushalten (29 Prozent aller Haushalte), eine Rekordzahl. Gemeinsames Reisen mit Gleichgesinnten gewinne daher enorm an Bedeutung. So auch in UK wo Themenreisen verschiedenster Art ebenso ein wachsendes Segment seien und vor allem der Markt jüngerer Singles ins Visier genommen würde. Auch im deutschen Markt lägen in diesem Segment Chancen. Sein Fazit: Die Bustouristik muss innovativ bleiben und neue Angebote entwickeln. Weiterhin gelte: Small is beautiful und oft auch profitabler. Den größten Trumpf habe die Busreise jedoch, weil sie es vermag, Menschen zusammenzubringen, um leicht neue Kontakte zu knüpfen.
Tag der Bustouristik 2026
Schon traditionell wird zum Abschluss der Veranstaltung der nächste Tagungsort, in diesem Fall von Walter Rutz, dem Geschäftsführer der GaPa Tourismus GmbH vorgestellt. Der 43. Tag der Bustouristik wird am 12. Januar 2026 in Garmisch-Partenkirchen in der Zugspitz-Region stattfinden.
(v. l.) Dieter Gauf, Walter Rutz und Wolfgang Gauf präsentierten Garmisch-Partenkirchen