Der junge Gründer des Unternehmens spotAR, Viktor Waal (33), bringt es zu Anfang auf den Punkt: „Wir enabeln eine Destination dazu, eine smarte Destination zu werden.“ Das hört sich erstmal nach dem ganz großen Wurf an, den eigentlich die meisten kreativen Startups gefunden zu haben vorgeben. Er sitzt selbstbewusst auf dem Podium zur Künstlichen Intelligenz der bdo-Jahrestagung in Berlin und stellt seine Ideen vor: „Es gibt sehr viele Ansätze, die wir auch für den Bustourismus haben, da sind wir super kreativ. Man muss aber als Unternehmen auch mutig sein. Was uns noch fehlt, sind einfach solche Firmen, die auch mal etwas gemeinsam umsetzen wollen – ein kleiner Proof of Concept für eine AR-Anwendung ist gar nicht so teuer.“ Ein kreativer „Seelenverwandter“ sitzt mit Finn Ole Peters von Peters Reisen aus dem norddeutschen Wasbeck direkt neben ihm. Der Jungunternehmer strömt das Thema Digitalisierung quasi aus jeder Pore. Mit seinem in der Corona-Pandemie gestarteten Projekt der virtuellen „Reise zum Mond“ hat er den Anfang gemacht, bei seinem neuesten Projekt, mit einer VR-Brille eine Mitreise im Buscockpit für ältere Menschen oder Demenzkranke zu ermöglichen, ist spotAR schon in Ansätzen mit an Bord.
Bevor Viktor Waal 2016 spotAR gegründet hat, hatte er schon andere Startups zur dynamischen Softwareentwicklung oder solche im Gesundheitsbereich gegründet, da war er gerade mal 25. Sein begonnenes Studium der Wirtschaftsinformatik war ihm zu theoretisch, er wollte lieber selbst Hand anlegen. Das sogar in der Verwaltung – ganz unspektakulär. Und als Account Manager eines Unternehmens für mobile Arbeitsplätze kann er seine Kenntnisse hieraus gut anwenden und mit seinem digitalen Job bestens verbinden. Selbst nennt er sich einen „lebenslang Lernenden mit einem breiten Spektrum an Interessen“. Er hat das ambitionierte Ziel, sein AR-Startup „weiterzuentwickeln und zu skalieren“ und das vor allem im Tourismusbereich.
Der junge Gründer sieht sich als „Chief Visionary Officer“
Das erste konkrete Projekt von spotAR entstand 2016 für die Stadt Soest im Rahmen eines Förderprojekts für eine digitalen Rundgang, der auf andere Städte übertragbar ist. Hieraus entstand auch der Ansatz, ein Content
Management System (CMS) zu entwickeln, mit dem der Kunde die Anwendung, die denkbar einfach in einem Webbrowser läuft, mit eigenen oder KI-generierten Inhalten zu befüllen. Im Jahr 2019 wurde aus diesem Projekt dann das junge Unternehmen, das sich mittlerweile mit rund sieben Mitarbeitern neu sortiert hat und mit Markus Oel von EVOspark einen echten Softwareentwickler als Mitgründer an Bord genommen hat, der auf Erfahrungen bei Daimler, Porsche und Hella/Lippstadt zurückgreifen kann. In Lippstadt befindet sich auch die neue Wirkungsstätte von spotAR. Waal selbst sieht sich mehr als „Chief Visionary Officer“ des Unternehmens: „Um zu gründen braucht es Durchhaltevermögen und die Kreativität, mit neuen Situationen umzugehen. Dazu kommt natürlich das Visionäre und die Resilienz.“ Und dass Waal für sein Thema brennt, das merkt man dem zweifachen Familienvater und Freizeitsportler bei jedem Satz an. Der „Durchbruch“ für spotAR, das gerade für sein Soest Stadtführung-Projekt den ADAC Tourismuspreis für NRW gewonnen hat, ist aber wohl ein Projekt für die Deutsche Bahn, für die die Einkaufspassage des Düsseldorfer Bahnhofs virtualisiert wurde. Eine Schnitzeljagd durch den Bahnhof, um weitere Sehenswürdigkeiten der Stadt „freizuspielen“.
Gerade gewann spotAR einen ADAC Tourismus-Preis. Für die Bustouristik hat Waal einige Ideen parat, denen man bald sicher wieder in der Branche begegnen dürfte: von der einfach AR-Visualisierung von Destinationen, die der Busunternehmer in seinem Katalog oder auf seiner Website implementieren kann, um Vorfreude zu schaffen, bis hin zu ausgeklügeltem Anwendungen, bei denen der Endkunde im Sinne von „Tinder“ sich durch einfaches „swipen“ seine eigene Tour am Zielort zusammenstellen, und diese dann auch gleich live erlebt werden kann.
Auch das Thema Museumsbesuche sind spotAR nicht fremd, dazu sind bereits einige Anwendungen in Museen mit Schnitzeljagden umgesetzt. Das Thema Künstliche Intelligenz könnte für den Bereich sehr wichtig werden, wie ein Projekt mit der Stadt Hamburg zeigt, das Waal auf der „Smart Country Convention“ zeitgleich zur bdo-Tagung in Berlin vorgestellt hat: „Eine Vision Hamburg 2050“: „Früher haben meine Grafiker an einem solchen Projekt Tage und Wochen gearbeitet. Heute mache ich das mit generativer KI in wenigen Minuten.“ Vieles ist also möglich, auch für die Bustouristik. Wichtig dabei für Viktor Waal: „Immer mehr voneinander lernen!“