Ein „Wunderauto“ mit übersinnlichen Fähigkeiten ist der Neoplan SF 6/7 der Schiwy GmbH in Hattingen dann aber doch nicht, auch wenn er seit mehr als zehn Jahren gemeinsam mit den jeweils sechs sympathischen Landfrauen in den TV-Sendungen „Land und Lecker“ und „Von und zu lecker“ regelmäßig für beachtliche Einschaltquoten beim WDR-Fernsehen sorgt.

Chauffiert werden die Damen, die in dem ursprünglich aus der Schweiz stammenden TV-Format ihre tollen Landhäuser sowie den Alltag dort vorstellen und sich einen kleinen Wettbewerb um das leckerste Landmenü liefern, von Wolfgang Schiwy. Gemeinsam mit seiner Schwester, Gabriele Engelhard, führt er den Familienbetrieb mit inzwischen rund 200 Mitarbeitern, den seine Eltern Ursula und Alfred Schiwy 1957 in Hattingen gegründet haben, fort.

Er war es auch, der den heruntergekommenen Neoplan Oldtimer-Bus mit Baujahr 1957 Mitte der 1990er Jahre bei Freiburg im Breisgau entdeckte. „Der Bus stand da auf einer Wiese und glich eher einem Hühnerstall. Es fehlten die Scheiben, die Füllung und die Federn der Sitze standen heraus. Aber das Schöne war, dass das Fahrzeug ansonsten noch komplett war“, erinnert sich der 51-Jährige zurück.

Bei der folgenden Restaurierung des Busses kam Wolfgang Schiwy seine Ausbildung zum Karosseriebauer, die er durch eine kaufmännische Ausbildung zum Betriebswirt ergänzt hat, zugute. Mühevoll und mit viel Liebe zum Detail wurde der Oldtimerbus wieder aufgebaut. Er wurde mit neuen Scheiben ausgestattet, aufgepolstert, neu verblecht und lackiert. Die Technik wurde überholt, Bremsen, Getriebe, Motor und Hinterachse ausgetauscht. Und so herausgeputzt, mit seinem klassisch anmutenden Design musste der schicke Neoplan SF 6/7 einfach das Interesse des „Land und Lecker“-Teams wecken.

Durch eine an der Sendung teilnehmende Landfrau, die den Oldtimer-Bus der Schiwys kannte, wurden die TV-Leute vor gut zehn Jahren auf das außergewöhnliche Liebhaberstück aufmerksam gemacht. Inzwischen ist der Neoplan über die Grenzen Nordrhein-Westfalens hinaus bekannt. „Die ganze ‚Land und Lecker‘-Staffel ist quasi die Prime-Sendung des WDR. Egal, wo wir mit dem Bus auftauchen, jeder kennt das Fahrzeug. Das wirkt sich natürlich auch positiv auf unser Firmenimage aus“, berichtet Wolfgang Schiwy, der den restaurierten Neoplan auch beispielsweise für Hochzeitsfahrten, Firmenveranstaltungen oder Jubiläumsfeiern vermietet, voller Stolz.

Nachdem zwischen dem ursprünglich eingesetzten Fahrer und den Fernsehleuten die Chemie nicht mehr stimmte, sprang der Chef kurzerhand selbst als Chauffeur ein. „Es ist schon sehr interessant zu sehen, wie das beim Fernsehen abläuft. Inzwischen sind wir ein eingespieltes Team und es macht echt Spaß“, schwärmt der Familienvater.
Natürlich erlebt man bei solchen Fernsehdrehs auch allerhand. Zwei Ereignisse sind Schiwy besonders im Gedächtnis geblieben. So ist man beispielsweise einmal mit dem Oldtimer-Bus in der Eifel bei Monschau an der belgischen Grenze unterwegs gewesen und hat Filmaufnahmen auf einer zum Fahrradweg umgebauten ehemaligen Bahntrasse gemacht. „Das war an einem Samstag bei herrlichstem Wetter und mir sind gefühlt 1.000 Fahrradfahrer entgegen gekommen, die natürlich alle geschimpft haben“, erinnert sich der Busunternehmer zurück. Aber damit nicht genug, jemand hatte die Polizei verständigt. „Am Ende des Radweges kam plötzlich ein belgischer Polizeiwagen angerast mit Blaulicht und Tatütata, hat sich quer vor meinen Bus gestellt und sofort kamen zwei Beamte rausgesprungen.“ Die Sache konnte glücklicherweise schnell geklärt werden. Das Fernsehteam hatte eine entsprechende Drehgenehmigung und die Aufnahmen wurden letztlich quasi unter Polizeischutz zu Ende gedreht.

Ein anderes Mal führte eine der „Land und Lecker“-Staffeln Wolfgang Schiwy und seinen Neoplan an den Bodensee. Aufgrund der großen Entfernung hatte man sich entschlossen, den „Oldie“ mit einem Tieflader an den Drehort, ein vornehmes Schlosshotel, zu bringen. Dort hatte sich parallel auch eine große Hochzeitsgesellschaft mit rund 200 Leuten eingebucht. Die Zufahrt wurde im Vorfeld extra neu angelegt. Drainagen wurden gezogen und neues Pflaster verlegt. „Als der Tieflader dann mitten in der Nacht gegen 1 Uhr angekommen ist, hat er die ganze neue Zufahrt quasi in eine Ackerlandschaft verwandelt. Am nächsten Morgen musste er mit dem Trecker sogar rausgezogen werden. Die ganze Zufahrt sah aus wie ein Panzerübungsplatz und der Hotelbesitzer hat natürlich geschimpft wie ein Rohrspatz. Die Hochzeitsfeier am nächsten Tag musste abgesagt bzw. an einen anderen Ort verlagert werden“, berichtet Schiwy.
Auch in diesem Jahr war eigentlich der Dreh zweier „Land und Lecker“-Staffeln geplant. „Aber durch die aktuelle Corona-Krise wird der Bus dieses Jahr wahrscheinlich nicht zum Einsatz kommen. Eventuell werden die Landfrauen mit dem Fahrrad von einem Ort zum anderen fahren. Das steht allerdings noch nicht ganz fest“, erklärt Schiwy. Doch er ist zuversichtlich, dass im kommenden Jahr dann wieder weitere Staffeln mit seinem schicken Oldtimer-Bus gedreht werden.

Natürlich treffen den Hattinger Omnibusbetrieb die Auswirkungen der Corona-Pandemie auch unabhängig von den ausfallenden „Land und Lecker“-Drehs. Zwar ist die Schiwy GmbH zu 70 Prozent im ÖPNV tätig, aber die 15 Reisebusse mussten erst einmal abgemeldet werden. Als Busunternehmer sei er es gewohnt, dass einem „der Wind ins Gesicht bläst“ und man sich immer wieder auf neue Situationen einstellen und kämpfen muss. „Aber das ist jetzt eben doch nochmal eine ganz andere Situation. Es ist schon erschreckend, wenn man jeden Tag die abgemeldeten Busse im Hof sieht und sich den Werteverfall anschauen muss, ohne dass man irgendwelche Einnahmen hat“, macht er deutlich.

Busbranche braucht finanzielle Unterstützung

Von der Politik würde er sich in dieser Situation eigentlich mehr Gleichberechtigung wünschen. Während Kleinunternehmen eine finanzielle, nicht rückzahlbare Unterstützung bekommen und ganz große Unternehmen subventioniert werden, stehe der Mittelstand erst einmal wieder komplett allein auf weiter Flur. Auch die Tatsache, dass für die Bahn der reduzierte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent gilt, Busunternehmen aber 19 Prozent zahlen müssen, gehöre zu diesen Ungerechtigkeiten. „Ich finde, es gibt keine Branche, die die Corona-Krise noch heftiger getroffen hat. Gerade die Busbranche braucht deshalb weitere finanzielle Unterstützung vom Staat“, fordert der Unternehmer.

Je nachdem, wie lange die durch die Pandemie bedingten Einschränkungen noch aufrecht erhalten bleiben, befürchtet Schiwy, dass sich die Branche eher zentralisieren wird und kleinere Betriebe mit ein bis zwei Bussen eher keine Zukunft haben oder es zumindest für diese extrem schwierig wird. Für die Zukunft der Branche wünscht er sich, dass die Vorleistung bzw. Fahrleistung, die ein Busunternehmen hat, endlich einen höheren Stellenwert bekommt und die Entlohnung aufwandsgerecht entsprechend steigt. „Da müssen sich die Busunternehmer einfach mehr durchsetzen und auch der Zusammenhalt zwischen den Unternehmern muss diesbezüglich besser werden“, appelliert er.
Anita Faltermann