Am 16. Januar erreichte mich in der Redaktion die dpa-Meldung über den Schulbusunfall mit mehr als 40 Verletzten in Eberbach bei Heidelberg. Der Bus war an jenem Morgen von der Straße abgekommen, hatte mehrere Fahrzeuge gerammt und prallte dann frontal gegen eine Hauswand. Es hieß in dieser Meldung, dass ein Fachmann mehr Sicherheitsvorkehrungen in den Fahrzeugen gefordert habe. Der Fachmann war Johannes Hübner, Sicherheitsexperte des RDA. Er wurde zitiert mit einer Aussage aus einem Beitrag des SWR: „Aktuell ist die Buskonstruktion selbst das Problem. Für Stehende gibt es keine Gurte“. Darüber wunderte ich mich sehr. Also rief ich Johannes Hübner an und fragte nach, was es denn damit auf sich hat. Hübner war sehr verärgert über diese Berichterstattung und erzählte mir: „Nachdem Busunfall in Eberbach am 16. Januar 2018 habe ich dem Südwestrundfunk auf Anfrage ein Radio-Interview gegeben. In diesem Interview habe ich klar zum Ausdruck gebracht, dass eine Anschnallpflicht im Linienbus nicht nur nicht sinnvoll, sondern sogar unmöglich ist.“ Im weiteren Verlauf des Interviews habe er allgemein deutlich gemacht, dass die Bus-Hersteller permanent daran arbeiteten, den Sicherheitsstandard in Linienbussen hochzuhalten. Ohne sein Zutun sei er nach diesem Interview „von Focus online mit angeblichen Aussagen völlig unzutreffend zitiert worden, ich würde die Gurtpflicht in Linienbussen fordern“, erläuterte Hübner entsetzt. „Ich bin erschreckt, dass ich ohne jede Rücksprache von Focus völlig unzutreffend zitiert worden bin und werde versuchen, die Redaktion von Focus hierzu zu einer Gegendarstellung zu bewegen“, erklärte er mir gegenüber. „Allen Verbandsvertretern bin ich schon heute dafür verbunden, wenn sie mich im Fall von Unklarheiten sofort direkt ansprechen, damit solche Dinge nicht erst Kreise ziehen, bevor man versuchen kann, sie richtig zu stellen“, appelliert Hübner an die Branchenverbände.


ÖPNV ist kein Selbstläufer mehr

Im „Ländle“ bleibt zurzeit kein Stein auf dem anderen. Die Kommunalisierung des ÖPNV ist voll im Gange und erobert nach und nach die letzten Bastionen der privaten Busunternehmer. Die Rede ist von der Neugestaltung der ÖPNV-Finanzierung, die am 11. Oktober 2017 beschlossenen wurde. Am 01. Januar 2018 ist die erste Stufe in Kraft getreten. Damit werden ab jetzt die Ausgleichsleistungen im Ausbildungsverkehr, die 45a-Mittel, direkt an die Stadt- und Landkreise verteilt und nicht mehr wie bisher an die Verkehrsunternehmen. Das Gleichgewicht zwischen dem Aufgabenträger und dem Unternehmer verschiebt sich dadurch nachhaltig. Man ist von nun an der Macht der Aufgabenträger ausgeliefert. Konkret: Es geht dabei um die Frage „sein oder nicht sein“ für einige private Busunternehmer.

Viele Mitgliedunternehmen des Verbands Baden-Württembergischer Omnibusunternehmer (WBO) fürchten um ihre Existenz und sind frustriert. Ausschreibungen und neue Strukturen heißt die Devise bei den Stadt- und Landkreisen, also Aufgabenträgern. Im Raum Stuttgart z.B. wird komplett alles ausgeschrieben, sagte mir Klaus Sedelmeier, WBO-Vorsitzender. In Esslingen beispielsweise wurde der Stadtverkehr neu ausgeschrieben. Dabei gingen die alteingesessenen Firmen Fischle, Schlienz und Schefenacker, die seit Jahrzehnten gemeinsam rund die Hälfte der Strecken des Stadtverkehrs in Esslingen bedienten, leer aus. Das Calwer Busunternehmen Albert Rexer habe wohl das günstigere Angebot abgegeben. Er fährt künftig ein Drittel der Buslinien in Esslingen. „Das kann leider keiner verhindern. Das ist Marktwirtschaft. Wenn sich private Busunternehmen im Wettbewerb gegenüberstehen, gibt es einen Gewinner und einen Verlierer“, sagte Sedelmeier. Während die Konkurrenten bisher die Bahn oder ein global Player waren, so hat sich der Konkurrenzkampf durch den Ausschreibungswahn jetzt verstärkt auch ins private Lager verschoben, bedauert Sedelmeier die Entwicklung im ÖPNV-Sektor. „Durch den Ausschreibungswettbewerb entsteht ein Kampf zwischen den privaten Busunternehmern, und der lachende Dritte ist der Aufgabenträger, die kommunale Seite“, so Sedelmeier. Der Systemwechsel im ÖPNV fordert von privaten Unternehmern kreative Lösungen und eigens entwickelte Konzepte, um weiterzubestehen. Dazu muss ein Umdenken stattfinden. Statt im Alleingang sollten private Busunternehmen zusammenarbeiten, eigene Konzepte entwickeln und mit dem Aufgabenträger im Gespräch bleiben. Sie müssen Schulterschluss üben mit dem Landrat, mit dem Verkehrsdezernenten, mit dem Verbund etc. Im Endeffekt Überzeugungsarbeit liefern, dass die Ausschreibung nicht das letzte Credo sein muss. Ob der Aufgabenträger mitmache, das sei dahingestellt, so Sedelmeier. Im Enz-Kreis Pforzheim zeichne sich derzeit ein für die privaten Busunternehmer unvorteilhaftes Bild ab. „Weil man dort das komplette Kommunalisierungspaket fahren will: Weg von der Eigenwirtschaftlichkeit, hin zu ausgeschriebenen Verkehre“, resümiert Klaus Sedelmeier.