Weitere Streiks in der Landeshauptstadt sowie in Karlsruhe, Heilbronn, Freiburg, Baden-Baden, Esslingen und Konstanz sind damit vom Tisch. Die Verdi-Mitglieder müssen in einer zweiten Urabstimmung aber noch über die Annahme des Ergebnisses entscheiden. 

Die Einigung umfasst mehrere Punkte: Die Arbeitszeit der rund 6.500 Beschäftigten soll den Angaben nach in drei Schritten von 39 auf 37,5 Wochenstunden mit Lohnausgleich gesenkt werden. Die Arbeitszeit wird zu Beginn der Jahren 2025, 2026 und 2027 je um eine halbe Stunde reduziert. Freiwillig können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch danach noch 39 Stunden die Woche arbeiten. Dafür gibt es entsprechend mehr Geld.

Die Beschäftigten erhalten von Juli an eine neu geschaffene Nahverkehrszulage in Höhe von 150 Euro im Monat. Zudem gebe es Verbesserungen bei Verspätungen, Zuschlägen und Urlaubsgeld. Ein Beschäftigter im Fahrdienst erhält rund 300 Euro mehr im Monat, wie die Gewerkschaft vorrechnet. Zusammen mit der Senkung der Wochenarbeitszeit in drei Schritten entspreche das einem Volumen von mehr als zwölf Prozent. Der neue Manteltarifvertrag läuft bis Ende 2025, die Regelungen zur Arbeitszeit bis Ende 2027. 

Mit dem Rückenwind der Streikenden habe man die Blockade der Arbeitgeber durchbrochen, teilte Verdi-Verhandlungsführer Jan Bleckert mit. Die Arbeitszeitverkürzung setze zusätzlich neue Maßstäbe für den öffentlichen Dienst im Land. „Damit werden die Jobs im kommunalen Nahverkehr im Land deutlich attraktiver, die Beschäftigten erfahren eine Entlastung und der ÖPNV wird nachhaltig gestärkt.“

 

Arbeitgeber: Schmerzhafter und teurer Kompromiss

Der Arbeitgeberverband bezeichnete den Kompromiss als schmerzhaft und kostenintensiv. Viele Kommunen hätten jetzt schon Probleme mit der Finanzierung des Nahverkehrs. „Die Arbeitgeber haben mit diesem Kompromiss die Belastungsgrenze maximal ausgereizt“, teilte KAV-Hauptgeschäftsführern Sylvana Donath mit. Auch mit der Arbeitszeitreduzierung sei man über den eigenen Schatten gesprungen. Gleichzeitig erkenne man an, dass auch Verdi von Maximalforderungen Abstand genommen habe.

Kürzere Arbeitszeiten erhöhten aber den Personalbedarf: „Wir hoffen, dass wir mit dieser Entlastung der Beschäftigten die Attraktivität der Nahverkehrsbranche wirklich steigern“, sagte Donath. Aufgrund des Mangels an Fachkräften bleibe es eine der zentralen Aufgaben der nächsten Jahre, zusätzliche Mitarbeiter zu gewinnen.

Verdi und KAV hatten im Südwesten seit Ende Januar miteinander verhandelt. Gegenstand waren wie in anderen Bundesländern die Arbeitsbedingungen. Die Gespräche hatten sich aber in die Länge gezogen, die Fronten schienen zunehmend verhärtet. Nach vier Runden und einem zeitweisen Abbruch hatte die Gewerkschaft die Verhandlungen letztlich am 11. März für gescheitert erklärt. In einer Urabstimmung sprachen sich anschließend rund 93 Prozent der Verdi-Mitglieder in den Betrieben für die Möglichkeit unbefristeter Streiks aus. 

 

Fünf Ausstände in allen Städten seit Februar

Die Folgen der zähen Verhandlungen bekamen vor allem Fährgäste zu spüren: In Teilen des Landes war der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) mehrmals weitgehend lahmgelegt worden. Bus- und Straßenbahnfahrer in den sieben Städten waren an fünf Tagen zeitgleich in den Ausstand getreten. Hinzu kamen einzelne Arbeitskämpfe in verschiedenen Städten.

Zehntausende Pendlerinnen und Pendler mussten sich deshalb seit Anfang Februar immer wieder Alternativen zu Bus und Bahn suchen. Von den Ausständen betroffen waren zuletzt auch Abiturienten, denn die zwei Streiktage in der vergangenen Woche fielen auf den Beginn der schriftlichen Abschlussprüfungen. An den allgemeinbildenden Gymnasien waren unter anderem die Fächer Biologie und Geschichte (bilingual Französisch) betroffen, an den Berufsgymnasien die Mathematik-Prüfung.

 

(dpa)